Tipps für Taucher

Tipps rund um das Thema "Tauchen"

Interview mit Henning May zum Kaltwasserkorallen-Projekt des OZEANEUMS

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Henning May, GUE Instructor und Taucheinsatzleiter des OZEANEUMS in Stralsund

Tipps für Taucher: Hallo Henning, zuerst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für meine Fragen nimmst. Könntest Du Dich meinen Lesern kurz vorstellen? Wie bist Du zum Tauchen gekommen und was machst Du beruflich?

Henning May: Hallo Stefan, vielen Dank für das Interesse an unserem Tauchprojekt. Aber erst mal der Reihe nach, ich bin auf relativ ungewöhnlichen Wegen zum Tauchen gekommen. Als junger Student schlenderte ich in Kiel über einen Uniflur und wurde auf einen Aushang am schwarzen Brett mit dem Titel „Forschungstaucher gesucht“ aufmerksam. Klang für mich erst mal spannend, so dass ich mich auf einen der heißbegehrten Ausbildungsplätze zum Forschungstaucher bewarb und glücklicherweise prompt genommen wurde. Nach zweimonatiger Ausbildung konnte ich mich dann Forschungstaucher nennen und durfte an wissenschaftlichen Tauchprojekten teilnehmen, was ich natürlich auch reichlich tat. Später absolvierte ich noch eine Weiterbildung zum Forschungstaucheinsatzleiter und habe an noch mehr Projekten teilgenommen, bzw. auch geleitet. Dabei merkte ich jedoch, dass meine Taucherei nicht wirklich ausgereift ist und fing an mich für Global Underwater Explorers zu interessieren. Ich habe mich dann bei GUE bis zum Instructor weitergebildet. Heute arbeite ich als Taucheinsatzleiter im OZEANEUM Stralsund und nebenberuflich als GUE Instructor.

Tipps für Taucher: Für alle, die es nicht kennen, könntest du erklären was das Ozeaneum ist, und welche Aufgaben das Museum hat?

Henning May: Das OZEANEUM ist ein marines Museum mit Schwerpunkt auf die Meere Nordeuropas. Wir haben den Anspruch alle vorkommenden Lebensräume in unseren Schauaquarien möglichst realistisch nachzubilden und erfüllen damit einen Bildungsauftrag. Unser Ziel ist es, den Besuchern die Schönheit unserer heimischen Meere zu zeigen und deutlich zu machen, dass wir sie schützen müssen. Hierfür ist zum Beispiel Greenpeace ein enger Partner unseres Hauses. Anscheinend erfüllen wir unseren Bildungsauftrag recht gut, denn das OZEANEUM wurde 2010 zu „Europas Museum des Jahres“ gekürt. Besonderheit bei uns ist, dass wir sehr viele der Tiere, die wir zeigen, selbst fangen. Nur so können wir gewährleisten, dass die Tiere sehr nachhaltig und schonend gefangen und in unsere Becken transportiert werden. Hierfür haben wir ein zehnköpfiges Tauchteam. Einzigartig ist hierbei sicherlich, dass wir alle ausschließlich nach den Standards von GUE tauchen, denn diese eignen sich sehr stark für unsere Tauchvorhaben.

Kaltwasserkorallen in Norwegen

Tipps für Taucher: Über facebook habe ich in den letzten Tagen immer mal Bilder und Statusmeldungen des Kaltwasserkorallenprojekts des Ozeaneums gelesen. Worum genau geht es bei dem Projekt?

Henning May: Kaltwasserkorallen werden leider kaum von der Öffentlichkeit beachtet. Vermutlich, da ihre Existenz vielen unbekannt ist. Dabei wird angenommen, dass Kaltwasserkorallenriffe weltweit eine größere Fläche bedecken, als ihre tropischen Verwandten. Diese Riffe erfüllen eine Schlüsselrolle, da sie unter anderem als Kinderstube und Lebensraum für zahlreiche marine Lebewesen gelten. Leider besteht ein starke Bedrohung durch Fischereiaktivitäten, geänderter Sedimentdynamik und Umweltverschmutzung. Die Klimaveränderung könnte ebenfalls eine große Rolle spielen, was derzeit am Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, unserem Projektpartner, untersucht wird. Wir möchten zukünftig im OZEANEUM den Lebensraum „Kaltwasserkorallen“ zeigen, um zu informieren und Aufklärungsarbeit zu leisten.

Tauchgänge bis 85 m Tiefe

Tipps für Taucher: Welche Tauchgänge habt ihr während des Projekts gemacht und was waren eure Ziele?

Henning May: Für das Projekt haben wir uns den Trondheimfjord als Arbeitsgebiet ausgewählt, da hier viele bekannte Korallen in für uns betauchbaren Tiefen, flacher 100 m, vorkommen. Die halbe Miete zum Erfolg des Projekts war bereits vor der Fahrt erfüllt, da mir extrem gute und erfahrene Taucher zugesagt hatten, was mich natürlich sehr freute. Das Team bestand aus Maren Isigkeit, Christian Howe, Derk Remmers, Jan-Hinrich Hoffmann, Uli Kunz und meiner Wenigkeit. Ziele des Projekts waren das Sammeln von einigen Korallen, der Video- und Fotodokumentation und der Wasserprobennahme direkt aus dem Riff für die Forschungsarbeiten von Dr. Armin Form vom Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Die hierfür nötigen Tauchgänge waren relativ anspruchsvoll, da Kaltwasserkorallen strömungsreiche Standorte benötigen. Dementsprechend hatten wir bei jedem Tauchgang mit knackigen Strömungen zu tun. Die Verwendung von Scootern war obligatorisch, wobei auch mit diesen häufig kein Ankommen gegen die Strömung möglich war. Dies machte unsere Arbeit unter Wasser nicht leichter. Allerdings mussten wir mit 85m Wassertiefe gar nicht so tief tauchen, wie geplant, da wir die Korallen bereits flacher vorfinden konnten. Mein persönliches Ziel war auch, zu beweisen, dass man so ein recht aufwendiges Projekt völlig autark durchführen kann. Denn genau das haben wir getan, wir haben insgesamt ca. 3,6 Tonnen Material und ein Boot in einem LKW und Sprinter transportiert. Allein das benötigte Helium wog eine Tonne, einen Kompressor mit Stromerzeuger hatten wir natürlich auch dabei. Rückwirkend bestand das Projekt aus sehr vielen Strapazen, da unsere Arbeitstage sehr lang und anstrengend waren. Es wird ja kaum dunkel zu dieser Jahreszeit in Norwegen. Allerdings wurden wir durch unvergleichliche Eindrücke an den fantastischen und durchaus farbenfrohen Riffen belohnt. Auch einige seltene Tiefseeschwimmer bekamen wir zu sehen. So sind wir Periphylla periphylla, Tiefseequallen, und einigen Chimären, Tiefseefischen, begegnet. Das sind Tiere, die kaum ein Taucher zu Gesicht bekommt. An dieser Stelle möchte ich mich noch mal herzlich beim Team für den unermüdlichen Einsatz bedanken. Auch Tobias Schmidt von Wings and More Faserverbundtechnik für die Unterstützung mit hochwertigen Video LEDs und BtS für die Bereitstellung der neusten Generation Heizwesten sei gedankt. Überwältigt wurden wir durch die typische norwegische Freundlichkeit, denn technische Taucher aus Trondheim haben uns vor Ort unter anderem beim Auffinden der Korallen sehr stark geholfen.

Tipps für Taucher: Das klingt ja wirklich spannend, informierst Du auch in Vorträgen über das Projekt?

Henning May: Vielen Dank! Wer mehr Einblicke über das Projekt erhalten möchte, kann sich die 30 minütige Dokumentation über das Projekt auf ZDF Info anschauen. Ein Filmteam des ZDF hat uns nämlich in Norwegen begleitet. Voraussichtlicher Sendetermin ist der 31.07. um 17:45 Uhr. Maren und ich werden einen Vortrag beim diesjährigen Tech Symposium in Limburgerhof vom 2. – 3.11. halten und zusätzlich werde ich einen Vortrag bei Felix Kollschegg im Taucherzentrum Hamburg im Dezember geben.

Tipps für Taucher: Und zum Abschluss noch ein Ausblick: Habt Ihr schon weitere Projekte in Planung? Und wenn ja, was werden diese umfassen?

Henning May: Jetzt haben wir für dieses Jahr erst mal alle größeren Tauchprojekte abgeschlossen und ich freue mich riesig auf ein wenig Entspannung. Gerade befinde ich mich auf dem Weg in den Urlaub. Anschließend werden wir uns langsam an die Planung für 2014 machen. Auf jeden Fall werden wir auch zukünftig Tauchprojekte durchführen, um den Zielen des OZEANEUMs gerecht zu werden und den Besucher die eindrucksvolle Unterwasserwelt unserer nördlichen Meere nahe zu bringen.

Tipps für Taucher: Henning, vielen Dank schon einmal, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast.

Wenn Ihr ein mehr über Henning May erfahren möchtet, kann ich Euch sein Profil auf der Seite der Global Underwater Explorers (GUE) nur weiter empfehlen!

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